Jedermann

 

Jedermann kennt Jedermann - Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes - 1911 in Berlin uraufgeführt, kommt auf der Bühne dess Schau-Spiel-Studio Oberberg in neuem Gewand daher. Nicht mehr als frommes Volksmärchen mit kindlich naiven Allegorien und Metaphern von Kirche und Glauben inszeniert Raimund Binder seinen "Jedermann" 2016 als bissige Moritat auf Moral, Freundschaft und menschlichen Umgang mit dem Nächsten.

Binders Inszenierung entspringt einem eigenen Verständnis der Schuld-Sühne-Thematik, dass eben nicht jede Übeltat und jedes Verbrechen getilgt wird, wenn man nur genug sühnt. Vielmehr ist Sühne etwas Aktives, etwas zu leistendes und etwas, das persönlichen Einsatz und vor allem Einsicht fordert.

Gott fordert den Tod auf, Jedermann vor den göttlichen Richterstuhl zu bringen, da sich der Mensch von ihm abgekehrt habe und sich nur um weltliche Güter bemühe. Der reiche, prunksüchtige und selbstherrliche Jedermann, der wenig Erbarmen gegenüber seinen Schuldnern hat, lebt in Saus und Braus und denkt noch gar nicht an seinen Tod. Doch bei einem Bankett an der Seite seiner Buhlschaft hört er, von den anderen Gästen unbemerkt, die Totenglocken und den Tod seinen Namen rufen. Der Tod fordert Jedermann auf, ihm zu folgen. Die Gäste ergreifen die Flucht, alle lassen ihn im Stich: seine Geliebte "Buhlschaft", sein Freund und sein Vetter. Auch das Geld, die höchste Macht in Jedermanns Leben, gibt ihm nicht die gewohnte Sicherheit: Gott Mammon klärt den Verzweifelnden über das Verhältnis von Besitzendem und Besessenem auf. Der Tod gewährt Jedermann noch eine kurze Frist, um einen Füsprecher für sich zu gewinnen, der ihn auf seinem letzten Weg begleitet. Doch zunächst sieht Jedermanns Suche hoffnungslos aus, bis die leise Stimme einer gebrechlichen Frau seinen Namen ruft...

An der alten "Geschichte von Jedermanns Ladung vor Gottes Richterstuhl" hat Hofmannsthal vor allem gereizt, dass sie "als menschlich absolut, keiner bestimmten Zeit angehörig, nicht einmal mit dem christlichen Dogma unlöslich verbunden" war. Nach vielfältigen Umarbeitungen wurde das Drama am 1.Dezember 1911 uraufgeführt.

Hofmannsthal gelang mit dem "Jedermann" ein Stück, das den Stoff des frühneuzeitlichen Menschheitsdramas über die "treuherzige Wesentlichkeit der alten Sprache" zugleich modern und zeitlos gestaltet. Den Erfolg bestätigen bis heute die "Jedermann"-Aufführungen der Salzburger Festspiele, die mit der berühmten Inszenierung von Max Reinhardt 1920 ihren Anfang nahmen.

 

zu Mitwirkende             zurück zum Archiv 2017